Wien (OTS) - Ab heute läuft der Countdown für den Bau oder Nichtbau des stadtbildzerstörenden Hochhauses und des noch höheren und globigeren Neubaus des Hotels Intercontinental am Gelände des Wiener Eislaufvereins im Herzen des UNESCO-Weltkulturerbes Innere Stadt, also im historischen Zentrum von Wien. Gleichzeitig hat die Stadt Wien den Flächenwidmungsplan zur öffentlichen Einsichtnahme in der MA-21 aufgelegt. Den Bürgerinnen und Bürgern Wiens ist damit die Möglichkeit der Stellungnahme eingeräumt.
„Wenn der Gemeinderat danach dieser Flächenumwidmung zustimmt, was mit der rot-grünen Rathausmehrheit zu erwarten ist, wird dieser grobchirurgische Eingriff in unser Stadtbild realisiert werden, unbeeinflußt davon, ob Wien dadurch das Welterbeprädikat verliert“, so Stadträtin Ursula Stenzel. Bei einer so einschneidenden Maßnahme wäre eine Volksbefragung der politisch saubere Weg.
Der Bericht von SPÖ-Kultusminister Drozda, den die UNESCO zum Stand des Weltkulturerbes angefordert hat, wird diese nicht umstimmen können: Wien wird bei der Umsetzung dieses Hochhausprojektes den Status des Weltkulturerbes verlieren. Der neue, leicht modifizierte Plan berücksichtigt die Höhenbeschränkungen ebenso wenig wie der Masterplan Glacis und die Hochhausrichtlinie des Jahres 2014, die keine Ausschlusszone für Hochhäuser im Kerngebiet und der Pufferzone des historischen Zentrums von Wien vorsehen. Fällt der Welterbe-Status, ist der Weg freigegeben für weitere Hochhausprojekte entlang des Rings. „Die Stadt Wien ist vor dem spekulativen Eigeninteresse eines Investors in die Knie gegangen“, stellt Stenzel klar.
Ein Hochhaus in Primärlagen der Inneren Stadt mit diesem Blick auf den Steffl, die Ringstraße, den Stadtpark, das Konzerthaus usw. ist ungleich mehr wert, als ein Hochhausturm auf der Donauplatte, wo geeignete Flächen immer noch zum Teil leer stehen. „Der Gegenwert, der ins Treffen geführt wird, nämlich Eislaufverein gesichert auf die nächsten hundert Jahre, Öffnung der Seitenfront des Konzerthauses und mehr Freiflächen bzw. Eventflächen, hätte auch ohne dieses architektonische Monstrum bei einer anderen Planung und anderen Ausschreibungsbedingungen erzielt werden können“, ist Stenzel sicher.
Das öffentliche Interesse, das die Stadt Wien hier ins Treffen führt, ist ein Vorwand für die Genehmigung einer Riesenspekulation. Die Stadt Wien ebenso wie die Republik Österreich verstoßen damit bewusst gegen die Welterbe-Konvention der UNESCO, begehen also mutwillig Vertragsbruch. Namhafte Architekten und unzählige Bürgerinitiativen haben sich aus guten Gründen dagegen ausgesprochen. Sie wurden als Querulanten beiseitegeschoben, übergangen und überrollt, wie auch der Welterberat ICOMOS, der zwar immer mit am Tisch saß, dessen fundierte Warnungen vor dem Verlust des Welterbe-Prädikats aber geflissentlich ignoriert wurden“, so Stenzel.
Wien möchte das Welterbe-Prädikat endlich loswerden, um ohne Hindernisse in lukrativen Bestlagen Hochhäuser aufziehen zu lassen. „Den Verlust des berühmten Canaletto-Blicks vom oberen Belvedere auf die Innere Stadt kann sich dann, wer möchte, im Kunsthistorischen Museum zu Gemüte führen“, warnt Stenzel. Eine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof droht. Die Rechtsanwaltskanzlei List, welche in einer Presseaussendung die Klagsgründe aufgelistet hat, wird von der Stadt Wien mit einem Gegengutachten neutralisiert, aber letztlich wird das die Klage nicht abwenden.
Jetzt beginnt der Wettlauf um die Gunst der Wienerinnen und Wiener, wobei die Investoren mit der politischen Deckung durch die Stadt Wien eindeutig einen Marketing-Vorteil haben. „Ich bin aber der Überzeugung, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr wohl in der Lage sind, derartige Werbestrategien zu durchschauen und sich ein eigenes Bild zu machen“ so Stenzel abschließend.